Die Travemünder Woche soll anders werden: Das sind die Ideen

Das ist geplant: Auf dem Fährvorplatz steht ein Autoscooter mit Tanzboden und einer Tanzkapelle, die Salsa, Tango oder Swing spielt. Tanzschulen und Tanzvereine können eingebunden werden. Auf der Tornadowiese präsentieren sich Vereine und Initiativen, auf einer kleinen Bühne finden Vorführungen statt. Gleich daneben steht ein Riesenrad.

Segeldorf als Herzstück der Travemünder Woche
Zwischen Marina und dem Regattabüro wird das Seglerdorf aufgebaut, das Herzstück der Travemünder Woche. Hier werden die Sieger gekürt, hier treffen sich Segler, Organisatoren, Verbands- und Vereinsfunktionäre und Sponsoren. „Zugleich ist das Sailors Village offen zugänglich für jeden Gast der Travemünder Woche, der dort Regattaatmosphäre schnuppern kann“, sagt Frank Schärffe, Geschäftsführer des Lübecker Yachtclubs. 2021 musste das Seglerdorf wegen Corona ausfallen, in diesem Jahr habe sich kein Anbieter gefunden, sagt Schärffe. „Es ist unser fester Wille und auch Bestandteil der Planung, das Sailors Village wieder einzurichten.“
Eine halbe Million Besucher flanierten 2022 über die Travemünder Woche – deutlich weniger als in den Jahren vor Corona.

Eine halbe Million Besucher flanierten 2022 über die Travemünder Woche – deutlich weniger als in den Jahren vor Corona.

Weiter im Rundgang: Aus dem Medienzelt wird die Travemünder-Woche-Lounge, auf der Wiese vor dem Wasser- und Schifffahrtsamt stehen Anbieter regionaler Köstlichkeiten, die nachhaltig produziert sein müssen. Direkt daneben wird das Fischerdorf aufgebaut. In urigen Reetdachhütten werden Fischspezialitäten verkauft, Höhepunkt ist die Heringsbraterei mit selbst gebrautem Bier aus dem Eichenfass.

Nachhaltigkeit für Travemünder Woche
Auf der Strandpromenade stehen Händler mit ausgesuchtem Angebot, die Bühne am Brügmanngarten ist der zentraler Musik- und Erlebnisort. Newcomer dürften gerne auftreten, sagen die Planer, aber sollten ansprechend sein. Der Rest der Fläche ist für ein Nachhaltigkeitsfestival vorgesehen, auf dem Gastronomen mit begrenzten Energieressourcen zurechtkommen müssen.

An der Bertlingstraße ist ein Weinfest vorgesehen. Es wird einen „XXL Beachclub“ mit drei Tanzflächen geben. An der Nordermole laden Wassersportvereine zum Mitmachen ein, an der Kohlenhofspitze stehen Foodtrucks, Eiswagen und Coffee-Bikes.

Ein konsumfreier Bereich für die Jugendlichen
„Der Lübecker Yachtclub als Veranstalter und die Hansestadt wünschen sich schon lange eine zeitgemäße Neuausrichtung beim Landprogramm, um die Traditionsveranstaltung auch wieder im Bewusstsein und im Herzen der Bürger zu verankern“, begründet Christian Martin Lukas, Geschäftsführer der Tourismus- und Marketinggesellschaft LTM, die Frischzellenkur. Von der Gastronomie bis hin zu Erlebnis- und Kulturangeboten sollte alles auf den Prüfstand gestellt werden. Nachhaltigkeit, Stromversorgung, Barrierefreiheit und Verankerung in der nordischen Mentalität seien die Kriterien für die Neuauflage.
LTM-Chef Christian Martin Lukas: „Die Travemünder Woche ist ein Fest für Familien, junge und ältere Besucher und Besucherinnen, für sportliche Menschen. Wir wollen uns insbesondere auf die Zielgruppe der Entschleuniger fokussieren.“

LTM-Chef Christian Martin Lukas: „Die Travemünder Woche ist ein Fest für Familien, junge und ältere Besucher und Besucherinnen, für sportliche Menschen. Wir wollen uns insbesondere auf die Zielgruppe der Entschleuniger fokussieren.“

Jugendliche sollen stärker eingebunden statt reglementiert werden, haben sich die Planer vorgenommen. „Bislang bietet das Landprogramm wenige konsumfreie Aufenthaltsräume“, heißt es im Konzept. Das soll anders werden. Geplant ist ein U-18-Bereich, den nur Menschen unter 18 Jahren betreten dürfen. Denkbar seien auch eine Hip-Hop-Area und eine Graffitiwand.

Das Konzept sieht außerdem einen neuen, digitalen Auftritt vor, für den Segler als Influencer gewonnen werden. Für Sponsoren soll es Veranstaltungen wie einen Galaabend, Regatta-Begleitfahrten oder einen abgesperrten Bereich in der Beach-Lounge geben. Nachgedacht wird zudem über ein Stand-Up-Paddeling auf der Langstrecke zwischen Holstentor und Passat.

Angebote statt Kontrollen: Für Jugendliche soll es konsumfreie Bereiche geben.

Angebote statt Kontrollen: Für Jugendliche soll es konsumfreie Bereiche geben.

Neues Konzept wird teuer
Alle diese Neuerungen kosten viel Geld. „Investitionen im die Strukturveränderungen des Landprogramms sind mit erheblichen finanziellen Mitteln verbunden, die durch die zu erwartenden Standeinnahmen nicht gedeckt werden können“, heißt es im Konzept.
Allein die LTM braucht für Marketing und Kommunikation in den nächsten Jahren 350 000 Euro. „Die finanziellen Folgen für die Umsetzung weiterer Maßnahmen aus den jeweiligen Handlungsfeldern können aufgrund des zeitlichen Rahmens bis mindestens 2025 sowie der inhaltlichen Ausgestaltung derzeit nicht valide beziffert werden“, erklärt die LTM auf LN-Anfrage.
Stadt gleicht Defizit der Travemünder Woche aus
193 300 Euro haben die Politiker der LTM für 2023 bereits bewilligt. Außerdem gewährt die Stadt dem Veranstalter für die 134. Travemünder Woche im nächsten Jahr einen Defizitausgleich. Details sollen im Januar geklärt werden. Aber sind die Politiker bereit, das Segelevent künftig regelmäßig finanziell zu unterstützen?

„Wir sind bereit, Geld zu investieren“, sagt Jörn Puhle, Sportpolitiker der SPD, „wir wollen gerne den Sport und nicht-kommerzielle Anbieter unterstützen.“ Das bestätigt Bernhard Simon, Finanz- und Wirtschaftspolitiker der CDU: „Wir wollen die Travemünder Woche als Werbeträger für den Tourismusstandort und als herausragendes Sportereignis unbedingt erhalten.“ Die CDU sei bereit, Geld in die Hand zu nehmen, um eine Trendwende beim Landprogramm einzuleiten. Simon: „Nicht jeder, der bisher hohe Standgebühren bezahlt hat, wird künftig noch dabei sein.“

Ein Alpendorf mit Spezialitäten aus Südtirol wie bei der 116. Travemünder Woche passt nicht mehr ins Konzept.

Ein Alpendorf mit Spezialitäten aus Südtirol wie bei der 116. Travemünder Woche passt nicht mehr ins Konzept.

Die Unabhängigen sind dafür, die kommerziellen Angebote zu Gunsten von Kultur und Vereinen in den Hintergrund zu rücken. „Dafür muss man Mittel zur Verfügung stellen“, sagt Fraktionschef Detlev Stolzenberg, „es wird ja nicht solche Dimensionen wie bei der Kieler Woche annehmen.“ In Kiel investiert die Stadt Millionen in das Großereignis.

Grüne wollen keinen kommerziellen Anbieter finanzieren
Die Grünen halten das neue Konzept grundsätzlich für richtig. Fraktionsvize Axel Flasbarth will aber genau wissen, wo das Geld der Steuerzahler eingesetzt wird. „Wir wollen nicht die Gewinne eines privaten Unternehmens finanzieren“, sagt der Grünen-Politiker. Bisher würden die Politiker die Verträge zwischen dem Veranstalter und der Hamburger Agentur Uwe Bergmann nicht kennen. Die Grünen bringen auch eine finanzielle Beteiligung durch den Lübecker Yachtclub ins Gespräch. Und sie haben Zweifel, ob man so viel Geld für das LTM-Marketing ausgeben muss. „Zusätzliche Besucher sind für eine Qualitätssteigerung nicht nötig“, sagt Flasbarth.