Nach nur einem Jahr: Lümo in Travemünde wird wieder eingestellt
Travemünde. Lümo lohnt sich nicht: Im Ostseebad wird das On-Demand-System von Stadtwerke mobil nicht angenommen und deshalb zum 1. Juli eingestellt – nach nur einem Jahr.
„In 14 Monaten hatten wir so viele Fahrgäste wie in Lübeck in einer Woche – im Durchschnitt nicht einmal zwei Fahrgäste pro Tag während des Projektzeitraumes in Travemünde“, erklärt Unternehmenssprecher Lars Hertrampf. Das Nahverkehrsangebot per Anruf oder Bestellung per App kennt kaum Stammgäste. „Lediglich fünf Nutzerinnen und Nutzer fahren regelmäßig mit Lümo und stehen für rund die Hälfte aller Buchungen.“ In Lübeck dagegen boomt das Angebot.
In den vergangenen Jahren gab es mehrfach Klagen aus dem Ostseebad, dass es zu wenige Taxen vor Ort gebe. Diese Lücke hätte Lümo füllen können, tat es aber nicht. Wissenschaftler der Uni Lübeck, die das Projekt begleiten, haben durch Umfragen und Interviews festgestellt, dass viele Einheimische ihre Termine nach den Busfahrzeiten planen. „Das Lümo, wie es jetzt angeboten wird, passt nicht zur Nachfrage in Travemünde“, erklärt Tim Schrills, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni.
Die Wissenschaftler konnten auch nicht feststellen, dass Touristen das Angebot nutzten. Ob ein Abendverkehr besser gewesen wäre als der Tagesverkehr, wissen die Forscher nicht. „Wir wissen aber, dass Lümo nicht an technischen Hürden gescheitert ist“, sagt Schrills. „Die Leute haben kein Problem damit, eine App zu bedienen.“
Die Bedienung einer App ist kein Hinderungsgrund für die Kunden, wissen die Forscher.
© Quelle: Wolfgang Maxwitat
Anfang April 2022 war Lümo in Travemünde an den Start gegangen. Zunächst als Projekt und nicht als Regelangebot. Der Feldversuch sollte bis zum Juni 2024 dauern. Finanziert wird die Lümo-Ausweitung in Lübeck durch Fördermittel. 800.000 Euro gibt das Bundesforschungsministerium dafür aus. Das Projekt wird zudem wissenschaftlich begleitet.
Die Geschichte von Lümo
Im Februar 2018 startete Stadtwerke Lübeck mobil (damals noch Stadtverkehr Lübeck) den Probebetrieb für Lümo. Fünf Elektro- und Hybrid-Pkw sowie 20 Fahrerinnen und Fahrer standen in einem Pool zur Verfügung. Für die Probephase von zwölf Monaten hatte sich der Stadtverkehr ein Betriebsgebiet ausgesucht, das von der Lohmühle über die gesamte Innenstadt bis zum Hochschulstadtteil reicht. Die Software stellte ein vier Jahre altes Unternehmen aus Berlin zur Verfügung.
Ab Anfang Februar 2019 erweiterte der Stadtverkehr die Betriebszeit des Lümo an den Wochenenden und Feiertagen. Nachtschwärmer konnten die Fahrzeuge bereits ab 23 Uhr buchen. Von Ende März bis Ende Mai 2020 fuhr Lümo gar nicht – wegen der Coronapandemie. Im August 2021 bekam Lübeck Förderzusagen für Lümo aus dem Bundesforschungsministerium. Damit war die Ausweitung beschlossene Sache.
Seit dem 4. April 2022 ist Lümo auch in Travemünde unterwegs – allerdings fährt der Dienst dort werktags und tagsüber.
Stadtwerke mobil darf die Gebiete, in denen Lümo fährt, im Rahmen dieses Feldversuchs ändern. „Wir haben in anderen Bereichen wie St. Hubertus, Roggenhorst und Groß Steinrade leichte Erweiterungen vorgesehen“, erklärt Unternehmenssprecher Hertrampf. Diese Anpassungen seien mit der Stadtentwicklung der Hansestadt abgestimmt. Die Genehmigung der zuständigen Behörde stehe aber noch aus.
Zum Lümo in Lübeck gibt es einen gravierenden Unterschied. In Travemünde fährt der „flexible Ortsbus“ nicht als Nacht-Shuttle, sondern bringt Fahrgäste nur tagsüber von Ort zu Ort. Das Mobil fährt montags bis sonnabends zwischen 9 und 19 Uhr. Stadtverkehr mobil hat im Travemünder Raum über 300 virtuelle Haltepunkte eingerichtet, zu der Lümo bestellt werden kann.
Carolin Höhnke vom Stadtverkehr und Tim Schrills von der Uni Lübeck stellten das Projekt „Lümo“ für Travemünde vor.
© Quelle: Thomas Krohn
Die Fahrzeuge können über die offizielle App, aber auch telefonisch unter der Rufnummer 0451/8887070 bestellt werden. Die Zahlung erfolgt dabei nur über die App oder per EC-Karte. Die Möglichkeit, in bar beim Fahrer zu bezahlen, existiert nicht.
Der Fahrtpreis orientiert sich am Schleswig-Holstein-Tarif, zuzüglich eines Komfortzuschlages von einem Euro pro Person und pro Fahrt. Da in Travemünde die Preisstufe 1 gilt, liegt der Preis inklusive Komfortzuschlag bei 2,90 Euro. Für Abo- oder Zeitkartenkunden fällt dagegen nur der Komfortzuschlag an.
LN