Lübeck: Letztes Grill-Wochenende am Grünstrand von Travemünde
"Dann müssen wir eben zu Hause grillen“
"Dann müssen wir eben zu Hause grillen“
Abdul Alssa aus Bad Oldesloe besucht mit seiner Familie seit vier Jahren den Grünstrand. Auf den Grill kommen meistens Hähnchenschenkel, Spieße mit Hackfleisch und ganze Zwiebeln. Vom Grillverbot hat er noch nichts gehört. „Das finde ich überhaupt nicht gut“, sagt der 26-Jährige. Und: „Wir wollen mit der Familie einfach nur gemütlich zusammensitzen und dabei auch etwas Warmes essen. Grillen ist doch etwas Schönes.“ Er versteht das Verbot nicht: „Was stört denn daran?“ Es gebe in der Umgebung keine Strände, wo das Grillen erlaubt sei. Der Grünstrand sei ein sehr schöner Platz. Wenn das Grillen jetzt verboten werde, kämen seine Familie und er nicht mehr nach Travemünde, was sehr schade sei, denn er habe am Grünstrand viele andere Familien kennengelernt. „Dann müssen wir eben zu Hause im Garten grillen.“
Abdul Alssa (26) hat seinen Neffen Khaliel (elf Monate) zum Grillen mitgenommen. Der Syrer ist enttäuscht, dass auf dem Grünstrand nicht mehr gebrutzelt werden darf. © Quelle: Thomas Krohn
Achmed Farzat ist mit einigen Familienmitgliedern aus Lübeck gekommen. Auch er wusste nichts vom Grillverbot. Viel sagen möchte der Syrer nicht, nur: „Ich habe kein Haus und auch nirgendwo anders eine Möglichkeit, zu grillen.“ Fotografiert werden möchte er nicht. Eine andere Familie, die ebenfalls zum Grillen an den Grünstrand gekommen ist, lehnt ein Gespräch komplett ab, lädt den LN-Reporter aber zum Essen ein – gelebte Gastfreundschaft trotz der Enttäuschung, über das Grillverbot.
Öffentliche Grillplätze in Lübeck
Die Hansestadt Lübeck weist auf ihrer Homepage mehrere öffentliche Grillplätze aus:
Katharineumswiese in Israelsdorf
Freizeitpark Roter Hahn in Kücknitz
Moislinger Aue: am Rand des Krähenwaldes
Grüne Fuge: Picknickfläche im Hochschulstadtteil am Wendehammer der Dorfstraße
Kinderspielplatz Heinrich-Mann-Ring: zwischen Schlutuper Straße und Heinrich-Mann-Ring
Kinderspielplatz Angelnweg
Nördlicher Grünzug Buntekuh
Travemünde: Passathafen auf dem Priwall
Eine ganz andere Meinung zum Grillverbot haben Brigitte (68) und Svenja (44) Benado. Brigitte Benado besitzt eine kleine Zweitwohnung in der Kaiserallee, ihre Tochter Svenja besucht sie häufig. „Das Grillverbot ist ein kleiner Anfang, aber nicht genug. Am besten wäre ein ganzjähriges Verbot“, sind sie sich einig. Vor allem in den kleineren Wohnungen sei es wegen der Rauchschwaden in den Sommermonaten nicht möglich gewesen, zum Lüften die Balkontüren zu öffnen. Die beiden Frauen beklagen auch, dass sie mitunter von anderen Grünstrandbesuchern von ihrem Platz verdrängt worden seien. Zudem beklagen sie die Gedankenlosigkeit einiger Besucher: „Heute haben wir gesehen, dass eine Familie mitten zwischen den Büschen gegrillt hat. Bei der Trockenheit ist das viel zu gefährlich.“
Brigitte (l.) und Svenja Benade wohnen in der Kaiserallee. Sie möchten, dass das Grillverbot das ganze Jahr gilt.
© Quelle: Thomas Krohn
Dem Grillverbot auf dem Grünstrand waren jahrelange, oft kontroverse Diskussionen vorausgegangen. 2017 hob der damalige Wirtschaftssenator Sven Schindler (SPD) das bis dahin bestehende Grillverbot auf, mit der Begründung, dass die Wiese zu einem Ort interkultureller Begegnung und Lebensfreude geworden sei. Die Lebensfreude, jedenfalls die der Anwohner der direkt an das Areal angrenzenden Kaiserallee, wurde jedoch schnell getrübt. Es hagelte Beschwerden, vor allem über die Geruchsbelästigung.
Beliebtes Ausflugsziel: der Grünstrand in Travemünde. Vor allem an den Wochenenden kommen viele Besucher, um auf der Liegewiese zu entspannen. © Quelle: Thomas Krohn
Vor allem auswärtige Besucher entdeckten alsbald den Grünstrand als Party-Location. Die Anwohner monierten, dass bis weit nach Mitternacht Rauchschwaden über die Wiese bis zu den angrenzenden Wohnungen waberten und dass mitunter bis in den frühen Morgen gefeiert würde. Sie ärgerten sich über Musik, Übernachtungen in Zelten und Schlafsäcken, sowohl auf dem Strand als auch auf der Promenade, über die zugeparkte Kaiserallee und versperrte Einfahrten. Der Ortsrat Travemünde beschäftigte sich mit dem Thema, und nach den massiven Protesten nahm sich auch die Politik des Problems an
Auf Schildern wird auf die Gebührenpflicht ab 15. Mai und das Grillverbot ab 15. Juni hingewiesen.
© Quelle: Thomas Krohn
Ab 2021 war das Grillen nur noch an sechs Plätzen erlaubt. Daran hielt sich jedoch kaum jemand. Schließlich wurde der Kurbetrieb beauftragt, ein Konzept für den Grünstrand zu erstellen. Das sieht nun ein saisonales Grillverbot vom 15. Juni bis 31. August vor. Die Stadt erklärte dazu: „Grundsätzlich will der Kurbetrieb den Menschen den Grillspaß im Freien nicht verbieten. Des einen Freud darf aber nicht des anderen Leid sein, deshalb die temporäre Einschränkung des Grillens.“ Ein weiter gehender Antrag der CDU, auf dem Grünstrand auch das Rauchen von Shisha-Pfeifen zu verbieten, fand bisher keine Mehrheit.
Die Einhaltung der neuen Regeln soll ein privater Wachdienst überwachen. Zudem wird auch kontrolliert, ob die Nutzer des Grünstrands die seit 2021 eingeführte Strandgebühr von drei Euro entrichtet haben. Der Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung will nach dem Sommer die gemachten Erfahrungen bewerten und gegebenenfalls weitere Maßnahmen für das nächste Jahr vorschlagen.
LN