Nur für Kellner und Köche: Lübeck will Wohnungen im Priwall-Krankenhaus

Konkret: Die Stadt will die beiden Gebäude von 1930 auf dem Areal verkaufen – für mindestens 100 000 Euro. Das Grundstück ist 10 574 Quadratmeter groß. Es soll per Erbpachtvertrag auf 60 Jahre verpachtet werden. Der Vorteil: Die Stadt behält das Grundstück. Zudem kann sie dem Erbpächter vorschreiben, wie die Gebäude genutzt werden müssen.

Priwall: Neue Pläne für das alte Krankenhaus

Das Ziel der Stadt: „Vermietung nur an Angestellte der Gastronomie- und Tourismusbranche mit einer gedeckelten Miete.“ So steht es in dem Papier der Verwaltung. Die Häuser haben eine gute Substanz, müssten aber komplett umgebaut werden. In den Gebäuden sollen Sozialwohnungen errichtet werden. Die Miete soll maximal 8,80 Euro Miete pro Quadratmeter betragen. Diese Miete gilt für die ersten fünf Jahre.

Der Zeitplan der Stadt: Bereits im April will die Stadt das Areal ausschreiben. Dann können sich Interessierte auf das Projekt bewerben. Noch in diesem Jahr will die Stadt das Grundstück verpachten. Die Bürgerschaft soll darüber in ihrer Sitzung im September entscheiden.

 

Das Priwall-Krankenhaus

Das Krankenhaus auf dem Priwall: Von 1930 bis 1935 wurde das Krankenhaus erbaut. Es bestand aus fünf Gebäuderiegeln. Zunächst wurden sie vom Militär genutzt. Später übernahm die Stadt die Gebäude. Von 1948 an wurden sie zum Priwall-Krankenhaus. Es hatte 124 Betten und versorgte jährlich stationäre 3000 Patienten und bis zu 2000 ambulante Fälle. Zwölf Ärzte und 62 Krankenschwestern und -pfleger waren dort tätig. Drei medizinische Abteilungen gab es: die Innere Medizin, die Chirurgie und die Orthopädie.

Mitte 2000 legte ein vom Land in Auftrag gegebenes Gutachten die Schließung des Standorts nahe. Pfleger, Schwestern und Ärzte gingen auf die Straße. 10 000 Lübecker unterschrieben für den Erhalt des Hauses. Die Schließung wurde abgewendet, aber 2002 trennte sich die Stadt von ihren Kliniken auf dem Priwall und in St. Jürgen. Der Münchner Sana-Konzern übernahm, eröffnete im Herbst 2005 die Travemünder Klinik und schloss das Priwall-Krankenhaus.

2015 wurden drei Gebäude des Krankenhauses abgerissen. Darauf befindet sich heute ein Edeka Supermarkt. Erhalten geblieben sind zwei Gebäuderiegel, die früher ein Schwesternwohnheim waren. Nach dem Ende des Krankenhauses wohnten dort ehemalige Angestellte des Krankenhauses, zudem gab es eine Tagespflegeeinrichtung. Dann wurden die Gebäude als Magazin der Lübecker Stadtbibliothek genutzt. Mehr als 600 000 Bücher wurden dort verwahrt. Das Magazin zog 2021 um in ein Gebäude in der Einsiedelstraße auf der Roddenkoppel. Seither stehen die beiden Gebäude des ehemaligen Priwall-Krankenhauses leer

Pläne für den Priwall: Das sagen die Politiker

Angetan von den Bauprojekt sind CDU und SPD. „Der Grundgedanke ist gut“, sagt Christopher Lötsch (CDU), Vorsitzender des Bauausschusses. „Das ist eine gute Idee für die Beschäftigten in Gastronomie und Tourismus“, stimmt Ulrich Pluschkell (SPD) zu. Die Stadt habe viel ins Seebad investiert, nun müsste es auch bezahlbare Wohnungen geben für die Menschen, die dort arbeiten.

„Der Grundgedanke ist gut“, sagt Christopher Lötsch (CDU), Vorsitzender des Bauausschusses.

Allerdings: Für Lötsch sind noch viele Fragen offen. „Was ist mit den restlichen Travemündern, die in anderen Branchen arbeiten?“ Für diese würden ebenfalls bezahlbare Wohnungen fehlen. Zudem: Wenn beispielsweise ein Mieter nicht mehr in der Gastronomie arbeitet, „verliert er dann neben seinem Job auch die Wohnung?“ Pluschkell sieht das locker: „Das ist ein Einzelfall.“ Dafür werde man eine Lösung finden. Außerdem: Sollte jemand aus der Branche in den Ruhestand gehen, dann sei die Rente ebenfalls nicht besonders hoch.

Sozialwohnungen nur für Kellner und Köche

Positiv reagiert die Branche. „Das wäre wunderbar“, sagt Investor Sven Hollesen. Er hat auf dem Priwall das Beach Bay Resort gebaut sowie die dänischen Ferienhäuser. Hollesen hat insgesamt 225 Millionen Euro investiert – und 3000 Betten für Touristen errichtet. Aber es fehlen Unterkünfte für die Angestellten. Vor Jahren habe er das Thema mit der Stadt erörtert. Hollesen: „Es ist gut, dass da etwas passiert.

 

„Ich begrüße das ausdrücklich“, sagt Frank Denker, Lübecks Chef des Deutschen Hotel und Gaststättenverbandes (Dehoga). Es würden an der gesamten Ostseeküste Wohnungen fehlen. Es gebe in der Hansestadt bereits Hotels, die Ferienwohnungen für ihre Mitarbeiter für das ganze Jahr anmieten. Nur so könnten diese überhaupt vor Ort wohnen.

So hoch sind die Mieten

Beispiel: Eine Wohnung mit 65 Quadratmetern kostet zwischen 643,50 Euro und 780 Euro Nettokaltmiete – laut Lübecker Mietspiegel von 2021. Das sind 9,90 und zwölf Euro pro Quadratmeter in einem fünf Jahre alten Haus und guter Wohnlage an der Mecklenburger Landstraße auf dem Priwall. Mit Nebenkosten sind das geschätzte 1000 Euro Miete im Monat.


Nach Aussage von Denker verdient ein Restaurantfachmann im Monat 2200 Euro brutto nach Tarif. Derzeit würden aber mindestens 2500 Euro brutto gezahlt, denn Fachleute sind gesucht. Doch selbst mit diesem Gehalt gehe fast die Hälfte des Gehalts für eine warme Wohnung drauf. Denker: „Wir stehen in Konkurrenz mit anderen Bundesländern.“ Wenn es eine bezahlbare Wohnung vor Ort gibt, „ist das sehr wichtig“.

 

             
Bestellung eines Erbbaurechtes (ehemaliges Priwallkrankenhauses) hier Ausschreibungskriterien
Kategorie   Unterkategorie   Unterpunkte Punkte
             
Betreibskonzept         50
    Zielgerechte Vermarktung      
    Art der Akquise      
         
    Nachweis über      
    Wirtschaftlichkeit      
    Miete max. 8.80 Eur/Jahr      
    in den ersten 5 Jahren      
    Jährlicher Nachweis über die Mieter      
    (richtiger Personenkreis      
             
Gestaltung 40
    Qualität der  
    Gemeinschaftsflächen  
    Außengelände 5
    Gemeinschaftsräume 5
    Gestaltungskonnzept WE 8
    Anzahl WE 5
    Balkone,Terrassen,Loggien 4
    Nachhaltigkeit
    Photovoltaik (Dach) 3
    Ökologische Sanierung 3
    Grauwassernutzung 1
    Heizart 1
    Mobilitätskonzept
    (E-Ladesäule)
    Parkplatznacheweise,
    Fahrradabstellraum
           
Höhe des Kaufpreises 10
(neben der Erbbaubestellung sind die beiden Gebäude zu erwerben)
zu erreichende Punktzahl 100