Priwall:Bootsbau-Azubi fordern Zuschuss für die Unterkunft

Das IG-Metall-Mitglied Holler will es nicht mehr hinnehmen, dass sie die Unterbringungskosten selbst tragen muss. Für eine Videokonferenz der IG Metall, mit der sie am Mittwochabend an die Öffentlichkeit gingen, holten sich die Auszubildenden des Bootsbaugewerbes prominente Unterstützung: Uwe Polkaehn, dem DGB-Nord-Chef, war das Thema wichtig genug, um dabei zu sein.

Nach einer Umfrage des Handwerksblatts von 2019 gibt es nur drei Bundesländer, die zu diesen Kosten nichts beitragen: Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein.

Polkaehn forderte das Land Schleswig-Holstein auf, die Unterbringungskosten für Auszubildende zu übernehmen: „Die Zeiten müssen vorbei sein, dass Azubis zu Mama und Papa nach Hause gehen und sich einen Zuschuss holen oder Hartz IV beantragen müssen. ”

Etwa ein Drittel der knapp 400 angehenden Bootsbauer, die ihre vierwöchigen Berufsschul-Blöcke auf dem Priwall absolvieren, kommen nach Angaben der Handwerkskammer Lübeck aus Schleswig-Holstein. Diejenigen von ihnen, die nicht aus der nächsten Umgebung kommen, müssen irgendwo unterkommen. Das Intern at der Berufsschule hat 430 Betten, wegen der Corona-Beschränkungen zur-zeit nur 270. „Die Teilnehmer werden so eingeladen, dass wir ausreichend Kapazitäten haben“, versichert Christian Maack, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Lübeck: „In der Regel findet jeder einen Platz. Es muss keiner auf der Wiese übernachten.” ,

Ein Platz im Internat kostet inklusive Vollverpflegung 82,50 Euro pro Woche. Nach Einschätzung der Lehrlinge ist das ohne Zuschuss schwer aufzubringen: „Meine Fixkosten bleiben ja", sagt die Auszubildende Hanna Holler aus Kiel.

„Außerhalb der Saison kann ich gut in eine, Ferienwohnung gehen, für 52 Euro pro Person, aber ich muss im Voraus bezahlen." Der nächste Block aber /liege schon in der Nebensaison, im April. „Also wieder ins Zelt, wie im August? Da hat es die ganze Zeit geregnet, und die Papiere für unsere Zeichenaufgaben dürfen nicht nass werden."

Selbst jetzt, Anfang Dezember, kampieren einige angehende Bootsbauer in Zelten im nahen Dassow, wie Mitschüler am Donnerstagberichteten. Auch Karl Slowik (23) aus Willendorf (Stormarn) ist mit seinem Wohnmobil gekommen. In dem lebt er auch an seinem Ausbildungsort in Plön. Ins Internat würde er wohl auch mit einem Unterbringungs-Zuschuss des Landes nicht gehen - aber wenn er ihn frei verwenden könnte, fände er einen solchen Zuschuss sinnvoll. „Entweder das, oder das Gehalt müsste höher sein." '

Höhere Ausbildungsentgelte?

Christian Maack von der Handwerkskammer lässt solche Hoffnungen nicht aufkommen.

„Die Betriebe haben ja schon die normalen Ausbildungskosten. Wir haben ein duales System! " Vor allem kleine Betriebe, die von der Hand in den Mund lebten, könnten es sich nicht leisten, ihren Lehrlingen mehr zu zahlen. „Die müssen ja von diesem Jahr an schon die Mindestausbildungs-vergütung zahlen."

Die Handwerkskammern unterstützten die Forderung der Gewerkschaft nach Landesmitteln für die Unterbringung von Auszubildenden, „zumindest für Härtefälle", sagt Maack. „Die Länder pochen doch immer darauf , die Schulhoheit zu haben“, erinnert er. Aber die Landesregierung nehme sich des Themas ebenso wenig an wie zuvor die SPD-geführte es getan habe.

Das Thema betrifft auch andere Berufsausbildungen - immer dann, wenn die Berufsschule nicht in der Nähe des Wohnorts liegt. Die Bootsbau-Azubis wollen es nicht mehr hinnehmen. Sie liebe ihren Beruf, betont die Auszubildende Hanna Holler. und sie gebe sehr gern zur Schule. „Ich sollte mich auf Arbeit und Schule konzentrieren", sagt sie.

„Ich finde, ich sollte mir diese Fragen nicht stellen müssen. “