Travemünde: Traditions-Bäckerei Simon stellt Betrieb vorläufig ein

Brötchen direkt aus der Backstube
Es ist längst kein Geheimtipp mehr. Frühaufsteher und Nachtschwärmer wissen: In der Bäckerei Simon gibt es bereits vor den üblichen Ladenöffnungszeiten direkt aus der Backstube ab 5.30 Uhr frische Backwaren. Baguette, Weizenbrötchen, Croissants, Rosinenbrötchen, leckere Körnerbrötchen und vieles mehr: Viele Travemünder sind Stammkunden der Bäckerei Simon, sie schwören auf die Qualität der Backwaren und kaufen ihre Brötchen nirgendwo anders. Das wird jedoch am 31. Dezember vorerst zum letzten Mal möglich sein.
Am Jahresende ist Schluss: Die Bäckerei Simon, die seit 70 Jahren an der Kirchenstraße ihr Domizil hat, schließt.
50 000 Euro mehr Kosten im Jahr
Vor allem die gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten machen dem Betrieb zu schaffen. „Wir rechnen mit etwa 50 000 Euro Mehrkosten im Jahr“, sagt Bäckermeister und Inhaber Torsten Paap, der die Bäckerei mit seiner Ehefrau Christina Simon-Paap, Tochter des Seniorchefs Hubert Simon, 2004 übernommen hatte. Und der 57-Jährige nennt weitere Zahlen. Für ein Kilogramm Zucker zahle er jetzt 1,10 Euro statt vorher 60 Cent. Rapsöl koste der Liter zwei Euro (vorher einen Euro), Mehl 72 Cent statt 52 Cent, und für die mit Heizöl befeuerten Öfen müsse er jetzt für 4000 Liter 7 000 Euro (vorher 2 700 Euro) auf den Tisch legen.
Geändertes Kaufverhalten der Kunden
Ehefrau Christina nennt ein geändertes Kaufverhalten der Kunden als weiteren Grund für die Stilllegung des Betriebs: „Das Geld sitzt nicht mehr so locker.“ Als problematisch habe sich zudem die geänderte Verkehrsführung in der Altstadt erwiesen. Seitdem von der St.-Lorenz-Straße nicht mehr in die Kirchenstraße eingefahren werden darf, kämen immer weniger Kunden. Mitunter habe der Verkaufsladen nachmittags geschlossen werden müssen.
Wie leergefegt: Nur noch bis Jahresende wird in der Backstube Teig geknetet und geformt.
Silvester gibt es die letzten Berliner
Insgesamt acht Beschäftigte, darunter ein Bäckergeselle, der mit Torsten Paap und Seniorchef Hubert Simon (81) in der Backstube steht, vier Verkäuferinnen und zwei Fahrer müssen sich jetzt einen anderen Job suchen. „Wir haben sofort Anfang Oktober, als wir uns entschieden hatten, den Betrieb ruhen zu lassen, unser Personal informiert“, sagt Paap. Wenn am 31. Dezember mittags die letzten Silvester-Berliner über den Ladentisch gegangen sind, gehe es anschließend ans Aufräumen und Saubermachen. „Es bleibt aber alles an seinem Platz, so wie es ist“, betont er.
Öffnung nach zwei Jahren unklar
Er gehe davon aus, dass es zwei Jahre dauern wird, bis sich die Situation entspannt habe. Ob die Bäckerei dann wieder ihren Betrieb aufnehmen wird, lässt er offen: „Wir wollen jetzt erst einmal zur Ruhe kommen und dann mal sehen.“ Besonderen Dank richtet Torsten Paap an seine Kunden und vor allem an seine Mitarbeiter, die ihm viele Jahre die Treue gehalten hätten. Wenn sich die Türen der Bäckerei schließen, werde er jedoch nicht wehmütig nach hinten schauen. „Ich schaue nach vorne und denke, es kommt auch was Neues. Mein Motto lautet: Bin da, kann losgehen.“