Lübeck: 9-Euro-Ticket – Darum bleibt die Travemünder Priwallfähre außen vor

„Das 9-Euro-Ticket gilt nach aktuellem Stand nicht für die Priwallfähren“, erklärt Ruth Wienecke, Sprecherin des Stadtverkehrs Lübeck, „weil für diese nicht der Schleswig-Holstein-Tarif Anwendung findet.“ Das sei beispielsweise in Hamburg anders, dort seien die Fähren im HVV-Tarif eingeschlossen. Es gibt aber noch Hoffnung. „Die Hansestadt Lübeck als Aufgabenträger hat uns jedoch bestätigt, den städtischen Gremien eine Entscheidungsvorlage entgegenzubringen, damit die Fähren im Zeitraum des 9-Euro-Tickets inkludiert werden können“, sagt die Sprecherin des Stadtverkehrs. Im Bauausschuss der Bürgerschaft Anfang Mai ist das Billigticket Thema.

Wie sieht das 9-Euro-Ticket eigentlich aus?

Ein Muster für das Billigticket gibt es laut Stadtverkehr noch nicht. "Wir warten auf den Layout-Vorschlag der NSH", sagt Ruth Wienecke. Die NSH Nahverkehr Schleswig-Holstein GmbH ist die Dachorganisation der 29 Bahn- und Busunternehmen, die den Schleswig-Holstein-Tarif anwenden. In dieser Funktion ist die NSH Dienstleister insbesondere für die Themen Tarif, Vertrieb und Einnahmenaufteilung.

Wo werden die Tickets verkauft?

Stadtverkehr und die Travemünder Tochtergesellschaft LVG planen, die Tickets im Bus und in den eigenen und fremden Vorverkaufsstellen anzubieten. „Das 9-Euro-Ticket wird ebenfalls als Handy-Ticket in der Nah-SH-App erhältlich sein“, erklärt die Unternehmenssprecherin. Wann der Vorverkauf startet, steht noch nicht fest.

Wie bekommen Abonnenten ihr Geld zurück?

Das läuft beim Stadtverkehr wie bei allen anderen Verkehrsunternehmen auch. Statt des regulären Abopreises wird den Fahrgästen ein Betrag in Höhe von neun Euro abgebucht.

Gleichzeitig wird die Abo-Monatskarte im Aktionszeitraum von 1. Juni bis Ende August bundesweit für Fahrten mit dem Nahverkehr (Bahn und Bus) in der zweiten Klasse anerkannt.

Bundesweit erwarten die Verkehrsunternehmen Einnahmeausfälle von 2,5 Milliarden Euro. Zu den Einnahmeausfällen im Lübecker Busverkehr kann der Stadtverkehr momentan keine Aussage treffen.

Wie geht es nach der Aktion weiter?

Das 9-Euro-Ticket ist laut der landesweiten Verkehrsgesellschaft Nah SH eine einmalige Sonderaktion. „Danach gilt der reguläre Tarif“, heißt es auf der Internetseite von Nah SH. Die Verkehrsunternehmen können die Preise nicht dauerhaft senken, da sonst das bestehende Verkehrsangebot mit Bahn und Bus nicht sichergestellt werden kann. Takte müssten ausgedünnt, Linien müssten gestrichen werden.

9_euro_1.png - 144,82 kB

Lübeck indes kann die Umsteiger vom Auto auf den Bus noch während der Sonderaktion mit deutlich günstigeren Fahrpreisen locken. Denn ab August gibt es in der ganzen Stadt nur noch zwei Preisstufen. Innerhalb der kleinen Zonen eines Stadtteils fahren die Lübecker für 1,90 Euro (Preisstufe 1). Innerhalb des gesamten Stadtgebietes fahren die Lübecker für 2,70 Euro Bus (Preisstufe 2). Ein Monatsticket, das nicht im Abo erworben wird, kostet bisher 80,50 Euro. „Künftig sinkt der Preis auf 63 Euro“, rechnet Ulrich Pluschkell (SPD), Aufsichtsratsvorsitzender des Stadtverkehrs, vor. „Die Preise für Monatskarten für Schüler und Azubisfür das Stadtgebiet sinken von 62,70 auf 49,10 Euro.“

Lübeck schafft zum August die teuerste Preisstufe ab

"Die Einführung des 9-Euro-Tickets verstehen wir als Chance, sowohl unsere aufgrund der Corona-Pandemie ausgebliebenen Fahrgäste zurückzugewinnen, als auch neue Fahrgäste vom ÖPNV überzeugen zu können", erklärt Andreas Ortz, Geschäftsführer des Stadtverkehrs. "Wir würden es daher begrüßen, wenn das 9-Euro-Ticket über den reinen Entlastungseffekt hinaus einen Beitrag zu der Mobilitätswende leistet und einen Anreiz gibt, den ÖPNV auch nach diesen drei Monaten verstärkt zu nutzen."

Verkehrsexperten vom ADAC über den VCD und pro Bahn bis hin zum Lübecker Verkehrswendebeauftragten sind sich allerdings einig, dass der Nahverkehrsrabatt nur dann eine nachhaltige Wirkung entfaltet, wenn der ÖPNV ausgebaut wird. „Niedrigpreise alleine überzeugen die Menschen nicht“, weiß Ulrich Pluschkell (SPD), Aufsichtsratsvorsitzender des Stadtverkehrs.

Noch besser sind Angebotsverbesserungen „Tarifabsenkungen sind gut, noch besser sind Angebotsverbesserungen“, sagt Michael Stödter, Verkehrswendebeauftragter der Hansestadt, „der nachhaltigste Hebel für einen Umstieg auf den ÖPNV ist vor allem das ÖPNV-Angebot in Form attraktiver und merkbarer Takte sowie zuverlässiger Verbindungen.“ Wichtig seien Zehn-Minuten-Takte. Stödter: „In Lübeck ist, nachdem bereits zum Fahrplanwechsel 2021/2022 das Angebot auf den Linien 1, 2, 7, 9 und 40 verbessert wurde, das Potenzial für einen weiteren Ausbau nach wie vor da.“