Raser auf dem Priwall: Anwohner fürchten um ihre Sicherheit
Travemünde
Priwallbewohner gehen auf die Barrikaden. Sie fürchten um ihre Sicherheit. Auf der Mecklenburger Landstraße, die als Tempo-30-Zone ausgewiesen ist, werde gerast, die Rechts-vor-links-Regelung häufig nicht beachtet. Verschärft werde das Problem durch das erhöhte Verkehrsaufkommen aufgrund des zunehmenden Tourismus. Der Stadt ist das Problem bekannt. Unter anderem laufe zurzeit eine Prüfung der Vorfahrtsregelungen. Die Statistik der Polizeidirektion Lübeck weist eine Zunahme der Verkehrsunfälle auf dem Priwall aus.
Raser mit geschätzten 60 bis 70 km/h
Rechts vor links – diese simple Regelung im Paragrafen 8 der Straßenverkehrsordnung lernt jeder Fahrschüler spätestens in der dritten Theoriestunde. Ebenfalls die, dass es Tempolimits gibt. Auf dem Priwall jedoch scheinen diese Vorschriften nicht jedem Autofahrer geläufig zu sein. Zu diesem Schluss kommen jedenfalls Anwohner der Mecklenburger Landstraße und des Pötenitzer Wegs. Die Rechts-vor-links Regelung werde kaum beachtet, und über die Straße werde häufig mit geschätzten 60 bis 70 km/h gerast. Sie fürchten um ihre Sicherheit.
Rechts vor links: Nicht selten kommt es auf der Mecklenburger Landstraße zu gefährlichen Situationen. Quelle: Thomas Krohn
Schwerer Motorradunfall im März 2020
Rückblick: Donnerstag, 5. März 2020. Ein Motorradfahrer fährt mit seiner Suzuki auf der Mecklenburger Landstraße Richtung Fähranleger und kracht an der Einmündung Dünenweg mit einem von rechts kommenden VW Passat zusammen. Dort gilt die Rechts-vor-links-Regelung. Die LN waren unmittelbar nach dem Unfall vor Ort. Ein Augenzeuge berichtete: „Der Motorradfahrer hatte nach meiner Schätzung bestimmt 80 Sachen drauf und hat sogar noch beschleunigt. Wenn er 30 gefahren wäre, hätte er wahrscheinlich noch bremsen können.“ Einige Schaulustige, die sich am Unfallort eingefunden hatten, bedauerten zwar, dass es zu einem Unfall gekommen sei, sagten aber: „Es war ja nur eine Frage der Zeit, bis hier was passiert.“
Am 5. März 2020 kam es an der Mecklenburger Landstraße/Ecke Dünenweg offenbar nach Nichtbeachtung der Vorfahrt zu einem Unfall, bei dem ein Motorradfahrer schwer verletzt wurde. Quelle: Thomas Krohn
Anwohner: „30 km/h fährt hier keiner“
Das sehen immer mehr Priwallbewohner genau so. Markus Haubitz etwa, der mit seiner Familie an der Mecklenburger Landstraße wohnt, erlebt die Raserei täglich. „Ich beobachte, dass etwa vom Dünenweg einfach geradeaus über die Kreuzung mit hohem Tempo in den Pötenitzer Weg gefahren wird. Die Mecklenburger Landstraße wird offenbar nicht als Straße erkannt.“ Anwohnerin Sandra Martel ergänzt: „Die Autofahrer nehmen die Straße nicht als Kreuzung wahr, vielleicht auch, weil sie ortsunkundig sind.“ Regina Götting, die im Pötenitzer Weg wohnt, ist sich sicher: „Wegen der hohen Mauer an der Ecke ist die Kreuzung ganz schlecht einzusehen.“ Priwallbewohnerin Nele Harms aus dem Pötenitzer Weg hat festgestellt: „Rechts vor links wird kaum beachtet, weil es offenbar niemand versteht. Und 30 fährt hier keiner.“ Markus Haubitz sieht ein Problem darin, dass die Kreuzungen und Einmündungen entlang der Mecklenburger Landstraße an vielen Stellen unübersichtlich seien, auch weil an beiden Seiten der Straße geparkt werde und häufig große Fahrzeuge wie Wohnmobile die Sicht versperrten. Priwallbewohner Alf Götting hat eine pragmatische Lösung zur Vorfahrtsregelung: „Warum stellt man nicht große Schilder mit dem Hinweis ‚Hier gilt rechts vor links’ auf?“.
Geschwindigkeitskontrolle: In unregelmäßigen Abständen wird an der Mecklenburger Landstraße ein mobiler „Blitzer“ aufgestellt. Quelle: Thomas Krohn
Parkplätze für Bewohner immer knapper
Auch der Verein Gemeinschaft der Priwallbewohner macht sich Sorgen. „Unsere Befürchtungen zur Verkehrsproblematik haben sich bewahrheitet, die Zunahme des Verkehrs ist unübersehbar“, sagt Vorsitzender Eckhard Erdmann. Die allgemeine Verkehrsregelung „Rechts vor links“ in der 30er-Zone werde häufig missachtet, die sich häufenden Verkehrsunfälle seien ein Beleg dafür. Es müsse häufiger Geschwindigkeitskontrollen geben. Zudem würden Parkplätze für Bewohner immer knapper, im Sommer sei der Priwall komplett zugeparkt. „Die jetzige Verkehrssituation gefährdet die Anwohner.“
Verkehrsbehörde prüft Vorfahrtsregelung
Der Stadt Lübeck ist das Problem bekannt. „Das Ordnungsamt kontrolliert den ruhenden Verkehr. Regelmäßig in unregelmäßigen Abständen werden auch Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt“, sagt Stadtsprecherin Nicole Dorel. Die Straßenverkehrsbehörde sei dabei, unter anderem die Vorfahrtsregelung auf der Mecklenburger Landstraße sowie das Parken entlang der Straße zu überprüfen. Einschätzungen oder Ergebnisse gebe es bisher nicht. „Dazu kann derzeit keine Aussage getroffen werden.“ Eine Unfallkommission habe Untersuchungen über die Unfallhäufigkeit auf der Mecklenburger Landstraße angestellt. In die Planungen würden unterschiedliche Abteilungen des Bereichs Stadtgrün und Verkehr in Zusammenarbeit mit der Polizei einbezogen.
Autos werden am Rand der Mecklenburger Landstraße geparkt. Da kann es schon einmal eng und unübersichtlich werden. Der Wald ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Quelle: Thomas Krohn
Polizei: Zunahme der Unfälle
Laut Polizeidirektion Lübeck ist die Kreuzung Mecklenburger Landstraße/Dünenweg/Pötenitzer Weg an der Einmündung Dünenweg seit 2018 Unfallhäufungsstelle. Ursächlich für Unfälle seien in der Regel Vorfahrtsverletzungen. Die Zahlen: 2018 gab es drei Verkehrsunfälle mit einem Leichtverletzten, 2019 vier Unfälle mit keinen Verunglückten, 2020 sechs Verkehrsunfälle mit einem Schwer- und drei Leichtverletzten sowie im April 2021 zwei Unfälle mit zwei Leichtverletzten. Polizeisprecher Stefan Muhtz: „Der weitere Straßenabschnitt ist unauffällig. Als Erstmaßnahme wurde das Verkehrszeichen 102, rechts vor links, aufgestellt.“ Auch seien bessere Sichtbeziehungen hergestellt worden.
Von Thomas Krohn