Küstenwald Priwall: So wird er zum Schutzgebiet

Es geht um die sogenannte Küstenlandschaft Priwall, also um die mit Wald und Gehölz bestandenen Bereiche nördlich der Mecklenburger Landstraße sowie die Küstenlebensräume nördlich der Straßen „Dünenweg" und „Seeweg“ sowie die Strandbereiche, die der touristischen Nutzung unterliegen. Eingeschlossen ist dabei auch die Kohlenhofspitze, wo nach früheren Plänen mal ein Kongresshotel entstehen sollte.

„Hier auf dem Priwall ist ja eine Menge passiert, und im Zuge der Diskussion um die Bebauung ist automatisch die Frage aufgetaucht, wie wir die übrig gebliebene Natur

Jeder Bürger hat bis Ende Juni Gelegenheit, Einwände zu formulieren. Bettina Koch Teamleiterin Landschaftsplanung

zukünftig bewahren können", erklärt Hinsen, der für den Fachbereich Umwelt, Sicherheit und Ordnung bei der Hansestadt zuständig ist.

Aufgrund eines Bürgerschaftsbeschlusses von 2017 sei dann die Untere Naturschutzbehörde damit beauftragt worden den Schutzbedarf des nördlichen Priwalls von externen Experten prüfen zu lassen. Ergebnis: Das Gutachten zog das Fazit, dass die Schutzwürdigkeit für den gesamten Untersuchungsbereich gegeben sei.

Denn: „Das Gebiet ist Lebensraum einer zahl -und artenreichen, teilsweise stark gefährdeten Pflanzen - und Tierwelt', steht dort schwarz auf weiß. Und langfristig bestehe die Gefahr, dass durch weitere Erschließungen oder Baubauungen eine Unterbrechung der wertgebenden natürlichen Abfolge der Lebensräume vom Dünenbereich bis zum Klimawald erfolge, schlussfolgern Diplom-Biologen Dr. Björn Henning Rickert und Dr. Doris Jansen aus Neumünster.

Mit dem Schriftstück in der Hand ging es dann in die Detailarbeit. Das war sehr mühsam, weil wir praktisch jeden Quadratmeter in den Randbereichen prüfen mussten, ob er noch dazu gehört oder nicht“, schildert der Senator das weitere Vorgehen in der Behörde. Mit vielen Beteiligten musste gesprochen und verhandelt werden, sodass jetzt eine Fläche von rund 43,5 Hektar unter Schutz gestellt werden soll.

Nun hat das gesetzlich vorgeschriebene, vierwöchige Beteiligungsverfahren begonnen, „und jede Bürgerin und jeder Bürger hat bis Ende Juni Gelegenheit, sich die Ergebnisse und den Planungsstand anzuschauen und Einwände zu formulieren", erklärt Bettina Koch, Diplom-Ingenieurin für Landschaftspflege.

Die Teamleiterin Natur- und Landschaftsplanung bei der Hansestadt weist darauf hin, dass mit Beginn der öffentlichen Auslegung das Gebiet als einstweilig sichergestellt gelte. Ludger Hinsen merkt dann noch an: „Wir glauben nicht, dass jemand klagen Wird. Als wir die Pläne im Januar 2020 in der Stadtschule vor,150 Zuhören vorgestellt hatten, gab es nur Zustimmung.

Im Vergleich zu Naturschutzgebieten gelten in einem Landschaftsschutzgebiet weniger strenge Regeln, zum Beispiel für die Land- und Forstwirtschaft. „So werden wir also weiterhin die Wege durch den Wald pflegen und den Strand reinigen", sagt Bettina Koch. Was in dem Landschaftsschutzgebiet im Detail erlaubt ist und was nicht, regelt die eigens erarbeitete Schutzgebietsverordnung. Gebaut werden darf dort jedenfalls nicht mehr.

Koch erwähnt auch, dass die Gutachter ursprünglich die Kaikant am Kohlenhof Richtung Priwallfähre miteinbeziehen wollten. Hier soll nun aber die Promenade neu gestaltet werden und eine Multifunktionsfläche entstehen.

„Den beiden Experten waren die internen Absichten der Hansestadt Lübeck damals noch nicht bekannt", begründet die Diplom-Ingenieurin.

Das ist besonders schutzwürdlg
Dle Gutachter kommen zu dem Schluss. dass die „Küstenlandschaft Priwall“ Lebensraum teilweise stark gefährdeten Pflanzen- und Tierarten ist. Von besonderer landesweiter Bedeutung in Bezug auf die Flora sind die Vorkommen des Kegel-Leimkrautes (Silene conica) und der landesweit größte Massenbestand des Sand- Lieschgrases (Phleum arenarium).
Der gesamte Küstenbereich ist als Lebensraumkomplex von landeswei- ter Bedeutung für Stechimmen und Laufkäfer bekannt. Die Waldbereiche sind hochwertige Lebensräume für verschiedene Vogel- und Fledermausarten; unter anderem Waldohreule (Asio otus) als Brutvogel und Überwinterungsgast. Großer Abendsegler (Nyctalus noctula), Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii), Braunes Langohr (Plecotus auritus), Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) und Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus). Weiter besitzen die Biotope im Bereich des nördlichen Priwalls eine wichtige Vernetzungsfunktion im Sinne eines Biotopverbundes mit den benachbarten bestehenden Naturschutzgebieten „Südlicher Priwall“ (S-H) und „Küstenlandschaft zwischen Priwall und Barendorf mit Harkenbäkniederung“ (M-V).