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Interview mit dem Rechtsanwalt der BI "behutsame Priwallentwicklung e. V." Remo Klinger ...

9 Jahre 5 Monate her #24 von Erdmann Eckhard
Interview mit dem Rechtsanwalt der BI "behutsame Priwallentwicklung e. V." Remo Klinger Flugrouten-Anwalt Klinger über Klageerfolg, 26 Jan. 2013 13:48

Flugrouten-Anwalt Klinger über Klageerfolg
"Das hat der Bund verbaselt"
Vor einem Jahr wurden die Flugrouten für den künftigen Flughafen Berlin Brandenburg festgelegt. Die über den Wannsee wurde von einem Gericht inzwischen für rechtswidrig erklärt.
Der Berliner Anwalt Remo Klinger erklärt im Interview mit rbb-online, was das jüngste Urteil vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bedeutet – und warum sich nun auch der Bundesverkehrsminister in die BER-Pannenserie einreiht.

Herr Klinger, die Flugrouten-Gegner haben am Mittwoch Grund zum Jubeln gehabt: Das Oberverwaltungsgericht Berlin hat die geplante Wannsee-Route abgelehnt. Heißt das, den Anwohnern dort werden die Flieger erspart bleiben?
Die Wannsee-Route ist damit nicht endgültig ausgeschlossen. Denn das Gericht hat ja Revision zugelassen.
Das heißt, Sie müssen nach Leipzig, zum Bundesverwaltungsgericht. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?

Anwalt Remo Klinger vertritt Flugrouten-Gegner.
Ich bin da recht optimistisch. Dies war jetzt die erste Klage gegen Flugrouten, die Erfolg hatte – sieht man mal von einer kleinen Ausnahme in Hessen ab, die später aufgehoben wurde. Das ist schon ein Novum. Die Klagen, die es bisher schon gab, richteten sich gegen Flughäfen, die schon lange betrieben wurden, zum Beispiel in Frankfurt (am Main – die Redaktion). Die Situation in Berlin ist doch etwas anderes. Denn das Bundesverwaltungsgericht musste sich noch nie damit beschäftigen, dass ein neuer Flughafen entsteht, bei dem in der Planfeststellung immer gänzlich andere Flugrouten genannt worden sind, und jetzt Routen herauskommen, von denen so nie die Rede war.
Welche Rolle hat die Routenplanung über den Forschungsreaktor des Helmholtz-Zentrums gespielt?

Der Forschungsreaktor des Helmholtz-Zentrums Berlin.
Eine entscheidende. Das Gericht hat die vielen anderen Punkte, die wir vorgebracht haben - Umweltverträglichkeit, Lärm, dass man hätte anders fliegen können - gar nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen. Schon die völlig unausgewogenen Betrachtungen zum Helmholtz-Zentrum haben gereicht, damit das Gericht der Klage stattgibt. Es gibt in Deutschland keine Flugroute, die auch nur in der Nähe eines Atomreaktors entlangführt, schon gar nicht direkt darüber.
Wer hat Schuld daran, dass der Reaktor übersehen wurde?

Bundesverkehrsminister Ramsauer (CSU)
Die Berliner oder Brandenburger Behörden haben damit ausnahmsweise nichts zu tun. Das war ganz ausschließlich die Bundesbehörde unter Aufsicht von Herrn Ramsauer (Bundesverkehrsminister – die Redaktion). Die hat letztendlich diesen Bock geschossen. Ich habe mich schon relativ früh in der Planung an den Präsidenten der Flugsicherung gewendet und auf den Reaktor hingewiesen. Und um hier auch mal die Berliner Behörden zu loben: Die Senatsverwaltung für Umwelt in Berlin hat ebenfalls wiederholt beim Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung auf diesen Aspekt hingewiesen. Sie hat sogar zweimal nachgefragt, ob man denn mal eine Antwort auf dieses Schreiben bekommt. Das ist verbaselt worden. Die Bundesbehörden haben sich hier nicht mit Ruhm bekleckert.
Dennoch, bedeutet das Urteil nicht im Umkehrschluss: Erst, wenn man als Kläger mit einem Atomreaktor als Sicherheitsrisiko aufwarten kann, lässt sich eine Flugroute stoppen? Lärm allein reicht nicht.
Das stimmt so nicht. Das Gericht hat offen gelassen, ob nicht auch die ganzen Lärmfragen der Klage zum Erfolg verholfen hätten. Das ist nicht geklärt. Aber ich sehe auch bei den Gerichten eine hohe Sensibilität bei Lärmfragen – auch wenn Planfeststellungsverfahren nur sehr selten wegen Lärm aufgehoben werden.
Die Wannsee-Route war eine Abkürzung. Könnten Fluglinien jetzt nicht mit dem Argument kommen, die längeren Routen seien für sie zu teuer?
Mir ist kein Urteil bekannt, wo eine mangelnde Wirtschaftlichkeit den Ausschlag für eine Klageabweisung gab. Was unseren Fall betrifft würde das ehedem keine Rolle spielen: Hier geht es um eine Flugzeitverlängerung von zwei bis drei Minuten – bei einem Flug, der dann vielleicht nach Asien geht. Auch in Frankfurt war es so, dass eine Flugroute gewählt wurde, die deutlich länger ist als der kürzeste Weg, und die Lufthansa war damit einverstanden weil sie gesagt hat: Lärmschutz geht vor.
Das Interview führte Sebastian Schöbel
Stand vom 25.01.2013

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